Projekt

Ein BMBF-Forschungs- und Praxisprojekt der Universität Duisburg-Essen fragt:
Was ist wissenschaftliche Exzellenz und wie wird diese sichtbar?

Verschiedene Studien liefern Hinweise darauf, dass Frauen und Männer in ihren wissenschaftlichen Leistungen unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden.

Dabei erscheinen männliche weiße Personen tendenziell als bevorteilt gegenüber ihren weiblichen Kolleginnen. Ihre Handlungen und Fähigkeiten wie auch ihr Auftreten werden oftmals als kompetenter betrachtet.

Mit diesem sogenannten ‚Drop-Out‘ in Zusammenhang steht die Beobachtung, dass Frauen als Postdoc oder Juniorprofessorin oft nur unzureichend sichtbar (gemacht) werden und sie somit auch seltener als ihre männlichen Kollegen als Innovatorinnen in das Blickfeld der Öffentlichkeit und ihrer Fachdisziplin gelangen. Eine bislang in Studien und gleichstellungspolitischen Projekten kaum beachtete Gruppe, die den Prozess der Sichtbarmachung von Forschungstalenten unterstützen kann, sind Akteur*innen der Hochschulkommunikation. Dies sind allen voran Mitarbeitende in den Pressestellen und Referaten für Kommunikation von Hochschulen. Sie arbeiten an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Dieser männliche Bias in der Leistungs- und Exzellenzwahrnehmung führt mit dazu, dass viele fähige und talentierte Wissenschaft­lerinnen das Hochschul­system verlassen und damit ihr Potenzial in Forschung und Lehre verloren geht.

Ziele

Das Projekt EXENKO, gefördert im Rahmen der Förderlinie „Innovative Frauen im Fokus“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, regt einerseits an, das in Hochschulen vorherrschende Exzellenzverständnis von wissenschaftlicher Leistung kritisch zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Andererseits zielt es auf Veränderungen der Prozesse, die aktuell der Sichtbarwerdung der wissenschaftlichen Leistungen von Frauen entgegenstehen.

Gemeinsam mit der im Projektkontext als handlungsmächtig identifizierten Personengruppe aus der Hochschul­­kommunikation sollen Postdocs / Juniorprofessor*innen Wege und Ansätze der Sichtbarwerdung und Sichtbarmachung reflektieren und weiterentwickeln. Diesen Dialogprozess sollen etablierte Wissenschaftlerinnen mit Lebenszeitprofessur beratend begleiten. Sie haben im Laufe ihrer Karriere Erfahrungen gesammelt, von denen die beteiligten Akteur*innengruppen profitieren können.

Zielgruppen

  • Akteur*innen der Hochschulkommunikation
  • Postdocs / Juniorprofessor*innen
  • Etablierte Wissenschaftlerinnen mit Professur auf Lebenszeit

Zentrale Fragen

  • Wem werden auf welche Weise besondere Fähigkeiten in Forschung und Innovation zugesprochen?
  • Wie werden wissenschaftliche Leistungen in die Öffentlichkeit gebracht und dort verhandelt?
  • Was müssen Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation bereits früh in ihrer Karriere tun, um als Wissenschaftlerinnen und Innovatorinnen sichtbar zu werden?
  • Wie kann die Sichtbarkeit von Wissenschaft­lerinnen durch die Akteur*innen der Hochschul­kommunikation unterstützt werden?
  • Was können die Postdocs selbst dafür tun, um sichtbarer zu werden?

Akteur*innen der Hochschul­kommunikation als zentrale Kommunikator*innen von Wissenschaft sollen dazu angeregt werden, ihren eigenen Leistungs- und Exzellenzbegriff im Hinblick auf die (bisherige) Sichtbarmachung von Wissenschaftlerinnen zu reflektieren und gemeinsam mit Wissenschaftler*innen Ansätze zu formulieren, wie deren Sichtbarkeit und Anerkennung erhöht werden können. Gleichzeitig gilt es die Postdocs darin zu stärken, ihre eigenen Leistungen besser sichtbar zu machen.

Auf Basis einer Interviewstudie werden zunächst die Perspektiven der drei Akteur*innengruppen zum Exzellenz-, Innovations- und Leistungsbegriff, zu Karrierestrategien und Strategien der Positionierung in der Öffentlichkeit sowie Wissenschaftskommunikation ausgelotet. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse sind Dialogveranstaltungen mit den drei genannten Gruppen geplant. Ziel ist es, einen Austausch der Perspektiven und Expertisen im Bereich der Karrierestrategien bzw. Sichtbarmachung von Forschung partizipativ zu entwickeln. Die Ergebnisse der Dialogveranstaltungen bilden die Grundlage für Sensibilisierungstrainings für weibliche Postdocs auf der einen Seite und Akteur*innen der Hochschulkommunikation auf der anderen.

Zentraler Anknüpfungs­punkt

EXENKO baut auf den Ergebnissen des Projekts „Gleichstellungsbezogene Handlungsorientierungen und Handlungsweisen von ProfessorInnen vor dem Hintergrund gleichstellungspolitischer Regelungen“ auf.

Es wurde von 2015 bis 2018 durchgeführt und durch das NRW-Wissenschaftsministerium gefördert. An vier Universitäten des Landes NRW wurden Professor*innen zur Frage interviewt, was sie zum Thema Gleichstellung und Geschlechterverhältnisse wissen und woran sie sich im beruflichen Handeln orientieren.

Ein zentraler Befund ist: Das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter wird von Professor*innen generell verbal befürwortet und nicht in Frage gestellt. Dennoch schwang beim Thema Gleichstellungspolitik, z. B. wenn es darum geht, Positionen zu besetzen und bestehende Auswahlprozesse zu hinterfragen, vielfach in den Interviews ein „Aber“ mit: Gleichstellung ist gut, sollte jedoch die Bestenauswahl nicht ersetzen. Zugleich blieb unreflektiert, was die „Besten“ ausmacht, was „Exzellenz“ meint und ab wann eine Leistung als außerordentlich zu bezeichnen ist.
Die gleichnamige Studie von Ute Klammer, Lara Altenstädter, Ralitsa Petrova-Stoyanov und Eva Wegrzyn erschien im Mai 2020 als Buch im Verlag Barbara Budrich.

 

Gleichstellung an Hochschulen

Klammer, Ute; Altenstädter, Lara;
Petrova-Stoyanov, Ralitsa; Wegrzyn, Eva

Gleichstellungspolitik an Hochschulen

Verlag Barbara Budrich, Opladen, Berlin, Toronto (2020)

Projektdesign

EXENKO setzt sich aus vier Modulen zusammen:

Forschung_white

Forschung | 2022

Perspektiv-Auslotung der
drei Gruppen, Interviewstudie

Phase I: Forschungsmodul

Auf Basis einer Interviewstudie sollen zunächst die Perspektiven der drei Akteur*innengruppen (Akteur*innen der Hochschulkommunikation, Postdocs / Juniorprofessor*innen sowie etablierte Wissenschaftlerinnen mit Lebenszeitprofessur) auf den Exzellenz-, Innovations- und Leistungsbegriff, zu Karrierestrategien und Strategien der Positionierung in der Öffentlichkeit sowie Wissenschafts­kommunikation entlang der folgenden Fragen ausgelotet werden:

  • Was verstehen Wissenschaft­ler*innen, Akteur*innen der Hochschulkommunikation sowie etablierte Professorinnen unter „Leistung“, „Bestenauswahl“ und „Exzellenz“?
  • Wie kommen aus ihrer Sicht hohe (wissenschaftliche) Leistungen zustande?
  • Wo und wie lassen sich Beispiele hoher Leistung identifizieren?
  • Welche Rolle spielt hierbei die Kategorie Geschlecht?
  • Wie kann Leistung sichtbar gemacht werden?

Phase II: Dialogmodul

Auf Basis der Erkenntnisse aus dem Forschungsmodul werden Dialogveranstaltungen mit den drei Zielgruppen durchgeführt. Diese sind Akteur*innen der Hochschul­kommunikation, Postdocs / Juniorprofessor*innen sowie etablierte Wissenschaft­lerinnen mit Lebenszeit-professur.

Ziel ist es, einen Austausch über neue Möglichkeiten der Sichtbarkeit und Sichtbarmachung anzuregen sowie einen erweiterten und innovativen Exzellenzbegriff gemeinsam zu erarbeiten („Zukunftsstudio“). Außerdem gilt es, die Zusammenarbeit von Wissenschaft­ler*innen einerseits und Akteur*innen der Hochschul­kommunikation andererseits zu stärken. Die Ergebnisse der Dialogveranstaltungen bilden die Grundlage für Sensibilisierungstrainings für weibliche Postdocs und Akteur*innen der Hochschulkommunikation.

Dialog_white

Dialog | 2023

Dialogveranstaltungen
für die drei Gruppen

Intervention_white

Intervention | 2023/24

Entwicklung von zwei
Trainingskonzepten

Phase III: Interventionsmodul

Als Basis für das anschließende Interventionsmodul werden zwei Konzepte für Sensibilisierungstrainings entwickelt.

Das eine Training richtet sich an promovierte Wissenschaftlerinnen/ Juniorprofessorinnen mit dem Ziel, sie für den Bias im Exzellenzverständnis zu sensibilisieren und zu befähigen, die Sichtbarkeit ihrer Leistung und Exzellenz deutlich zu machen.

Das andere Training adressiert Akteur*innen der Hochschul­kommunikation. Auch diese Gruppe wird für die Folgen, die das vorherrschende Exzellenz- und Leistungsverständnis mit sich bringt, sensibilisiert. Gemeinsam sollen neue Wege der Sichtbarmachung von Frauen in der Wissenschaft erarbeitet und erprobt werden.

Phase IV: Multiplikationsmodul

Den Abschluss des Projekts bildet ein Workshop für Multiplikator*innen aus Fort- und Weiterbildung, Hochschul­didaktik, Gleichstellungs­beauftragten sowie Interessierten aus den Fakultäten / Fachcommunities.

Darüber hinaus werden den Teilnehmenden und weiteren Interessierten umfassende Materialien zu den Projektergebnissen zur Verfügung gestellt.

Multiplikation_white

Multiplikation | 2024

Projektabschluss